Moin,
ich wurde gebeten mal n paar Zeilen für den absoluten Anfänger zu verfassen.
Der Bitte komm ich gerne nach.
Im folgenden wird es erstmal nicht um das "wie mach ich etwas" sondern nur um das "was brauch ich dazu, was kann ich selber machen und worauf muß ich achten" gehen.
Die Ausgangssituation soll der Motor in deinem Käfer sein. Irgendwo leckt Öl raus, irgendwas klötert, schleift, quietscht und Du hast dich entschieden: Das Ding muß raus, auseinander und wieder zusammen.
Jetzt steht man da mit seinem Talent und Opa`s alter Werkzeugtasche in der Garage und guckt aus der Wäsche

Hab keine Furcht!
Als erstes solltest Du dir darüber bewußt sein was Du vor hast.
Richtig, das wird ne Operation am offenen Herzen.
Dosenbier, Schmutz und Leichtsinn haben in einem OP nichts zu suchen.
Hier muß hoch konzentriert gearbeitet werden und jeder Schritt sollte von einem erfahrenen Schraubgenossen überprüft werden.
Auch solltest Du dir darüber im klaren sein das es ungefähr doppelt so lange dauern wird wie du eigentlich gedacht hast. Und es wird auch ungefähr das doppelte Kosten.
Folgendes Werkzeug solltest Du, in der Qualität die Du dir leisten kannst, auf jedenfall vor OP-Beginn zur Hand haben (Die angegeben Preise und Bezugsquellen sind nur als Anhaltspunkt zu verstehen):
- Nen ordentlichen Knarrenkasten, z.B. Proxxon ca. 120,-€ - 2 Unterstellböcke, Baumarkt ca. 30,-€
- Hydraulikwagenheber, Baumakt ca. 30,-€
- Satz Ring-/Maulschlüssel, kein Billigschrott, ca. 50,-€
- Einen Satz vernünftige Schraubendreher (Schlitz/Kreuz), Baumarkt ca. 30,-€ - Drehmomentschlüssel ~ 10-80 NM (definitiv nich sonn 20,-€ Ding, das taugt zum Radmuttern anziehen, zu mehr aber auch nich) Carolus wäre hier ein Ansatz, Kostet um die 80,-€ - Kunststoffhammer, ebay ca. 10,-€
- Ein paar vernünftige Zangen (Klemmringzange, Spitzzangen, Sprengringzangen) - Messchieber, ca. 30,-€
- Heißluftfön, ca 30,-€
- ne kleine Pumpflasche mit Öl
Folgendes Werkzeug mußt Du nicht unbedingt selbst anschaffen, das lohnt nur wenn Du mehr als einen Motor bauen willst, meist kann man es in einer zugetanen Werkstatt oder bei Bekannten ausleihen:
- 36er Maulschlüssel mit Verlängerung um die Schwungradschraube zu lösen
- Drehmomentschlüssel mit 350NM mit 36er Nuss um die Schwungradschraube wieder fest zu machen.
- Kolbenringzange
- Kolbenringspannband
- 2- und 3-Arm Abzieher
- Ne Messuhr mit Magnetfuß
Folgende Verbauchsmaterialien sollten in ausreichender Menge vorhanden sein:
- Fusselfreie Putzlappen
- WD40
- Bremsenreiniger
- Schleifpapier in Körnungen von 80-1000
- Motordichtmasse, eine Übersicht gibt es hier: http://bugfans.de/forum/motor-allgemein ... t5932.html
- Schraubensicherung
- Fett
Definitiv brauchen wirst Du (ausser Du willst pfuschen):
- Motordichtsatz
- Hauptlagersatz
- Pleuellagersatz
- Nockenwellenlagersatz
- Ölpumpe
- Stösselschutzrohre
- Kolbenringe
- Ausreichend Muttern in M6/M8/M10
- Ausreichend kurze Stehbolzen in M6/M8/M10
- Kupfermuttern M8 für die Auspuff/Zylinderkopfverbindungen
So, nu kanns losgehen...
Öl ablassen, alle elektrischen Verbindungen beschriften und lösen, Benzinleitung kappen und verschließen.
Der Motor is unter Zuhilfenahme der Unterstellböcke und des Wagenhebers auf Deiner Werkbank gelandet. Sieht ziemlich schmantig aus das gute Stück, nech?
Lichtmaschine, Gebläsekasten, Verteiler, Verblechung , Vergaser samt Saugrohr demontieren, Lappen in alle enstandenen öffnungen und ab damit in Muttis Kombi.
Zur nächsten Motorwäschemöglichkeit und sauber abdampfen das Teil.
Jetzt kann es losgehen...
- Ventildeckel runter
- Köpfe runter
- KuZ runter
- Gehäuse auseinander
- Pleule von der Kurbelwelle
- Kurbelwelle und Gehäuse zum vermessen geben
- Teile bestellen
- Teile instandsetzen
- Teile penibel reinigen
- zusammenbauen
Auf folgendes solltest Du beim betrachten des zerlegten Motors besonders achten:
- Haben die Zylinderköpfe sichtbare Risse im Brennraum zwischen den Ventilen oder zwischen Ventil und Zündkerze? Wenn ja, lass einen Profi beurteilen ob sie noch gut sind oder ausgetauscht werden sollten
- Sind die Ventilführungen aufgerieben und müssen ersetzt werden? Eine Anleitung dazu gibts hier: http://bugfans.de/forum/motor-allgemein ... 16-15.html
- Sind die Kolbenringe verschlissen und müssen ggf. ersetzt werden? Eine Anleitung dazu gibts hier: http://bugfans.de/forum/werkzeug-und-te ... t1417.html
- Hast Du Metallspäne in den Ölpfützen in den Ecken des Gehäuses? Wenn ja was für ein Metall?
- Wie sehen die Lagersitze aus? (Du solltest auf jedenfall KW und Gehäuse vom Profi vermessen lassen) Es bringt nix einfach die Lager die du ausgebaut hast neu zu bestellen.
- Wie sehen die Laufflächen der Zylinder aus? Wenn sie ohne Beschädigungen sind, kann man sie nach honen, zb so: http://bugfans.de/forum/werkzeug-und-te ... n-t10.html
Grundsätzliche Tips und Empfehlungen:
- Mach die Motorteile erst direkt vorm Einbau sauber, alles andere is vergebene Liebesmüh, weil sie schnell verstauben, verrosten oder sonstwie Liegeschäden nehmen.
- Mach die Teile richtig sauber, ein sandkorn, ein Metallspan und das Geraffel kann dir bei nächster Gelegenheit umme Ohren fliegen.
- Drehmomente sind dazu da das sie eingehalten werden. 35 nm heißt nich 33 und auch nich 37...
- Wenn Du unsicher bist frag jemanden dem Du vertraust. Es macht keinen Spaß den Motor mit einem unguten "ach hätt ich doch" Gefühl zu bewegen.
- Überprüfe die Maßhaltigkeit, auch von neu gekauften Teilen, sehr gewissenhaft.
- Druck dir alle Reparaturleitfäden aus die du finden kannst. Schrauberbücher nützen nix wenn sie in der Vitrine liegen, Sie gehören dreckig! Leitfäden gibt es zB hier: http://www.volkswagen-classic.de/classi ... leitfaeden
Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gern sollt ihr alle ergänzen. Oder noch besser: Greift euch doch irgendetwas raus und macht dafür ne detaillierte Anleitung. Vielleicht bekommen wir über die Jahre ja hier ne komplette Rep.-Anleitung auf die Beine.
Ach und noch eins:
Motorenbau hat ne Menge mit Liebe zu tun, das solltest Du nicht vergessen.
so, nu aber viel spaß....