Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

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lothar
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Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

Beitrag von lothar »

Hallo Gemeinde,
ich diskuttiere aktuell mit einem Schrauber-Kollegen die Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen
(für Zylinderkopfstehbolzen) in ein Gehäuse, das original 10mm Stehbolzen hat (AS41).
Das Gehäuse soll für 90,5er aufgbohrt und mit hoher Verdichtung (10,5:1) betrieben werden.

Die Argumente für diese Nachrüstung wären:
- VW hat selbst ab `75 seine 16ooer Motoren mit dieser Konfiguration angeboten, nachdem es speziell bei Transporter & Cabrio wohl immer wieder Probleme gab
- alle AT-Motoren ab Ende der 70er wurden IMMER mit 12/8mm Buchsen ausgeliefert, auch 34PS, auch alte 15ooer H-Motoren etc. – IMMER (warum dieser Aufwand?)
- mir selbst sind (bzw. hatte diese Motoren in Reparatur), Stehbolzen aus dem Gehäuse ausgerissen (mehrere 15ooer H-Motoren bzw. getunte 34PS) – VW war dieses Problem bekannt und hat dann Übermaß-Stehbolzen mit M14 Gewinde dafür angeboten (es gab dafür sogar einen extra-langen Gewinde-Schneider, damit man dafür den Zylinder nicht abbauen musste…)

Argumente gegen die Nachrüstung:
- aus diesem Grund hat VW ab `69 neue Gehäuse mit AS 21 bzw. 41 Legierung verwendet (vorher entstanden infolge der unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Magnesium und den Stahlschrauben im Gehäuse Druckspannungen. Die hohe Beanspruchung führte zum Kriechen der Magnesiumlegierung und zum Lockern/Ausreißen der Verschraubung).
Danach war anscheinend Schluss mit dem „Ausreißen“ – mein damaliger VW Händler hat mir seine Übermaß-Bolzen geschenkt, da er sie nicht mehr brauchte
- Tuner bieten dies nur an, damit die Kasse klingelt
- Motorenbauer (auch aus diesem Forum ;-) berichten, nie solche Probleme gehabt zu haben (auch nicht mit hoher Verdichtung, auch nicht mit Turbo)

Lange Rede, kurzer Sinn: Wie seht Ihr das? Was sind Eure Erfahrungen?
Sollte man die Buchsen nachrüsten?

Danke für ein kurzes Feedback
LG
Lothar
armin
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Re: Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

Beitrag von armin »

Ich hatte bisher mit 10mm Bolzen einmal die Erfahrung, dass beim Festziehen der Bolzen sich mitgedreht, d.h. das Gewinde im Gehäuse beschädigt war. Liess sich mit Gewindeeinsatz (Heli-Coil) reparieren und hat dann auch gehalten. Wäre mit 8mm wohl nicht passiert.
Bei 94mm und bei dickwandigen 92mm Zylindern passen die 10mm Bolzen (manchmal?) nicht durch die Kühlrippenbohrungen (selber erlebt); lässt sich aber mit einer Rundfeile beheben.
74er_1303
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Re: Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

Beitrag von 74er_1303 »

Das Problem würde ich im historischen Kontext sehen. Heute wissen wir: Ein 1500er und ein 1600er ist nicht dauervollgasfest. Ende der 1960er und 1970er stand der Käfer und der Typ3 in Konkurrenz bspw. zum Opel Kadett und zum Ford 12m. Die waren wassergekühlt und zumindest deutlich vollgasfester als oben Genannte. Der Käfer konnte aber natürlich nicht als anfällig oder behutsam zu behandeln vermarktet werden. Also musste er möglichst vollgasfest gemacht werden. Oder zumindest so, dass er bei ein paarmal Vollgas oder bei Fahrten über den Brenner mit massiver Überhitzung mit Öltemperaturen größer 130 Grad nicht sofort kaputt ging.

Die 10mm Bolzen sind mit das solideste im Umfeld der sonstigen Aluminium- und Magnesium-Legierungen am Motor. Magnesium versprödet auf Dauer. Dieser Prozess wird durch Hitze noch verstärkt. Bei Hitze dehnt sich der Motor aus, die Bolzen dehnen sich nicht im gleichen Maß aus, sind solide und geben nicht nach. Die schwächste Stelle ist das Gewinde im Magnesium-Motorblock. Dort wirds dann locker oder das Gewinde reißt - bei großer Überhitzung - aus.

Mit den großen Gewindebuchsen verteilt sich die Kraft, die auf das Gehäuse wirkt weiter und ist pro Flächeneinheit geringer. Damit hält der Motor ein paar Überhitzungen mehr aus und übersteht die Garantiezeit besser und geht später an anderer Stelle kaputt. Gehäuse mit einer stabileren Legierung helfen ungemein. Ich meine, die 8mm Bolzen sind aus "Dehnmaterial", d.h. sie geben nach und ziehen nicht so stark am Gehäuse. Das kann bei Aftermarketteilen auch anders sein. Ein Hinweis ist auch, dass die Typ 4 Motoren eine bessere Legierung haben und auch dünne Bolzen mit dicken Gewinden benutzen.

Ich würde behaupten: Wenn man strikt auf die Motortemperatur achtet, halten auch die 10er Bolzen. Vor allem bei den wenigen Strecken, die so ein Motor heute pro Saison bringen muss. Bei häufigem warm/kalt und sehr hoher Verdichtung/Leistung wirds wieder schlechter. Hier gehts auch nicht nur um die Öltemperatur - die ist nur der Indikator - sondern um die Temperatur der Metallteile, auch die die nicht viel Öl abbekommen. Die 8mm Bolzen mit Buchsen würde ich für dauerhaltbarer halten. Es gibt dann mehr Reserven.

Bei den von mir zerlegten Typ1 mit 10mm waren die Bolzen immer lose. Ausgerissen nie. Lose Bolzen hatte ich bei 8mm aber vereinzelt auch schon.
drei03
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Re: Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

Beitrag von drei03 »

Servus!
Auf den Punkt gebracht: Natürlich umrüsten auf
originale M8 Stehbolzen bei einem Tuningprojekt.
Die bessere Verankerung im Gehäuse und die
Dehnfunktion der Stehbolzen bedeutet einen Riesen Vorteil
bezüglich Haltbarkeit und Funktion bei frisierten
Motoren?

Robert
Torben Alstrup
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Re: Notwendigkeit der Nachrüstung von 12/8mm Buchsen in Typ1 Gehäuse

Beitrag von Torben Alstrup »

Hallo.
Meine erfahrung.
Mit gezogene stehbolzen. Die alte Gehäuse war weicher in der materiale, und auch mehr fühlsam über überheizung. Durch die letzten ca. 25 Jahre habe ich sicherlich 15, villeicht 20 motoren gesehen mit gezogene 10 mm Stehbolzen. VW werk war bekannt mit diese problem und bitete auch 12/10 mm Stehbolzen an um die Gehäuse zu reparieren. Das habe ich verwendet hier und da, aber ich mag besser um 12/10 mm Büchse zu verwenden oder eben V coils weil dann ist der friktionspunkt weg von der Magnesium und in der Büchse. Das ist ein starkere lösung, speziell mit hoch leistung, turbo, etc. Für milde und serie Motoren sind die 12/10 mm Stehbolzen ganz ok.
Für Strassen Motoren mit 94 mm Bohrung verwende ich Immer 8 mm Cromo Stehbolzen die in 3 steps in moment gezogen sind. Zeit rund 18 jahre wo ich das getan habe ich fast nie ein problem mit undichte flache zwischen Kopf und Zylinder gesehen. Mit weniger Bohrung ist 10 mm Serie Bolzen ganz OK solange das die Gewinde in der Gehäuse gut sind.

Mfg.
T.
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