Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Antworten
Benutzeravatar
till550
Beiträge: 127
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 13:22
Käfer: im Moment keinen
Käfer: 550 Spyder Replika
Fahrzeug: Autobianchi A112 Abarth
Fahrzeug: Audi A4 Cabrio 1.8T
Fahrzeug: Radical Clubsport 1100
Wohnort: Darmstadt (bzw. in der Nähe von...)

Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von till550 »

Hallo,

ich wollte mal sehen, ob bei der geballten Erfahrung hier im Forum jemand was zu folgender Frage sagen kann:

Ich habe einen Motor aufgebaut mit zentralem Vergaser und um etwas mehr Drehmoment zu bekommen habe ich die Nockenwelle etwas früher eingestellt. Der Motor läuft super, außer dem Leerlauf. Da rumpelt er vor sich hin, klingt wie ein V8 auf 5 Töpfen. Ich habe mit Verteiler (Serie und 123 mit verschiedenen Programmierungen der Zündkurven) und Vergaser (verschiedene Vergaser, verschiede Mischrohre, fetter, magerer, Kraftstoffstand etc etc) schon etliches probiert und frage mich nun, ob die frühere Einstellung der NW der Grund ist.

Jetzt wollt ihr wissen: Was ist das für ein Motor? Nein, ich bin nicht im falschen Forum (denn nur hier erwarte ich kompetente Aussagen), aber es ist ein Autobianchi A112 Abarth. Also ein 1100er mit deklarierten 70 PS bei 6600 Umin. Und weil ich den eh nicht über 5000 drehe habe ich die (relativ scharfe) Seriennocke früher gestellt. Zur Nocke: In Serie ist die symetrisch eingebaut, mit 1,9mm Hub im OT, Einlass wie Auslass! Das war der Grund warum ich die früher gestellt habe, auf 2,5mm Einlass im OT und ca, 1,2mm Auslass im OT. Und da der Motor (außer leicht erhöhter Verdichtung und geglätteten Kanälen) sonst Serie ist, mit einem zentralen Weber Registervergaser, befürchte ich, dass ich noch mal an die Steuerzeiten ran muss. Das finde ich umso trauriger, als der Motor echt super läuft, von 2000 bis 5000 zieht wie ein 1300er....

Ich denke, man kann Erfahrungen von einem Typ1 mit zentralem Vergaser dem ruhig mal gegenüber stellen, vielleicht gibt es da Infos von Euch???

Gruß Till
Torben Alstrup
Beiträge: 757
Registriert: So 24. Mär 2013, 19:20
Fahrzeug: VW Fox 1,4 Sport Limited edition. Koni FRD
Fahrzeug: Lindner Beach buggy

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von Torben Alstrup »

Hallo.
+0,6 mm nockenhub @ TDC ist VIEL! ZU viel. Sicherlich rund 10 Grad. Nocke zurückstellen zu 2,1 mm nicht mehr.
wenn du wünscht mehr Drehmoment dann finden ein "longtube" 4-2-1 header mit ein satz gute Töpfe. Ja, ich weiss das die sind meitens für tuning, aber die longtube 4-2-1 bringen mehr Drehmoment in die mittlere Umdrehungen.

Mit Zündung. Ich habe lange vergessen, wie das Timing bei diesen kleinen Motoren ist, aber normalerweise mögen sie etwa 2-4 Grad mehr (mechanisches) Timing im Leerlauf und bis zu etwa 2000 U / min. Dann schrittweise Reduzierung des Vorschusses auf den empfohlenen Gesamtvorschuss, wenn alles drin ist. Mit der Kartenseite kann ich nichts sagen. Es hängt stark davon ab, wie viel Unterdruck der Motor bei verschiedenen Drehzahlen erzeugt.
Benutzeravatar
Red1600i
Beiträge: 1355
Registriert: So 2. Jun 2013, 18:12

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von Red1600i »

Bei dieser Art des Timings machst du den Motor drehfreudiger, es wirkt ja tatsächlich wie eine noch schärfere Nocke.

Drehfreudiger, aber nicht drehmomentstärker. Du verlagerst sein Drehmoment nach oben in höhere Drehzahlbereiche. Unten nimmt das Drehmoment eher ab... deswegen auch der holprige Leerlauf.

Geht aber trotzdem.

Erstmal: wie sehen denn die Ansaugwege genau aus? Passt ein Zylinderinhalt komplett in den Ansaugweg? Eher mal nicht, aber man kann das mit größerem Volumen/Querschnitt optimieren, auch geht es mit einem Plenum im Ansaugweg. Es geht auch ein Plenum jeweils für 2 Zylinder, die im Gegentakt arbeiten.

Das Problem ist ja meistens, dass ein Zylinder dem anderen durch Öffnungsüberschneidungen sein Futter stiehlt.
Benutzeravatar
till550
Beiträge: 127
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 13:22
Käfer: im Moment keinen
Käfer: 550 Spyder Replika
Fahrzeug: Autobianchi A112 Abarth
Fahrzeug: Audi A4 Cabrio 1.8T
Fahrzeug: Radical Clubsport 1100
Wohnort: Darmstadt (bzw. in der Nähe von...)

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von till550 »

Danke für Euere schnellen Antworten!!!!!

Torben, Du bestätigst meine Annahme. Der Kolben schiebt offenbar Altgas in das zu früh öffnende Einlassventil. Und bei dem Motor gibt es ja nur einen Eingang im Kopf, quasi ein Einkanal-Motor. Der einlass gabelt sich im Kopf auf engstem Raum 1 in 2 und dann jeweils zu ganz eng beinander 2 Einlassventile. Gesamtvolumen Einlass zwischen Drosselklappe und Ventile geschätzt 300ccm, echt seehr wenig.

Dann vermischt sich das und wird schwer brennbar? Oder kommt der Vergaser durcheinander und die Gemischbildung versagt dann? Jedenfalls brennt das dann nicht mehr und das Ding humpelt, schüttelt sich und läuft wie ein Sack Nüsse. Er reagiert dann auch nicht auf die Leerlaufgemischschraube, unabhängig von der Leerlaufdüse (AFR zeigt 12, egal was man am Vergaser macht).

@red1600: In der Literatur (z.B. H.Hütten schnelle Motoren) aber auch in meiner eigenen Praxis am Motorprüfstand zeigt sich, dass eine frühere Nockeneinstellung (also weniger Auslasshub, geht schon zu und mehr Einlasshub, ist weiter offen) den Drehmomentverlauf zu niedrigen Drehzahlen verschiebt. Hütten schreibt, dass das daran liegt, dass der Einlassschluss der entscheidende Punkt ist. Hab ich am Prüfstand an anderen Motoren nachvollziehen können und ist immer eine Frage an den Kunden, wenn ich einen Motor baue: "Wie hätten Sie es denn gerne?". An den alten Alfa DOHC sind die NW-Markierungen sehr ungenau, einen ordentlichen Motorlauf kriegt man nur hin, wenn man die Nocken wie bei porsche über den Hub im OT einstellt. Und beim 911 gibt Porsche (oder z.B. Schrick) immer eine Bandbreite an. Am 911S (1967 bis 74) z.B. 5.0 bis 5.4mm Hub im OT. Aber das sind Motoren mit Einzeldrosseln, da stimmt dann trotzdem der Leerlauf. Deshalb hatte ich noch keine Erfahrung mit Einkanalköpfen, zumal beim Bianchi ja anders als beim Käfer jeder Kolben offenbar mit dem Altgas alle drei anderen negativ beeinflusst (und nicht nur den Nachbarn wie beim Käfer).

Ich werde - da das leider nicht mal schnell eben probiert ist - das Ding auf Serie stellen, evt. ein ganz bißchen früher, so wie Torben vorgeschlagen hat. Das sind auch beim Bianchi etliche Stunden Arbeit mit dem Risiko, dass die Kiste danach nicht mehr dicht ist, Vergaser, Ventildeckel, Ölwanne, Kettenkasten, Motor muss ausgebaut oder gekippt werden, mal sehen ob das mit Kippen geht. Im kleinen Auto ist da vorne nur wenig Platz....

Und schade, dass ich auf das bullige Drehmoment, das er jetzt hat, verzichten muss....
Benutzeravatar
till550
Beiträge: 127
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 13:22
Käfer: im Moment keinen
Käfer: 550 Spyder Replika
Fahrzeug: Autobianchi A112 Abarth
Fahrzeug: Audi A4 Cabrio 1.8T
Fahrzeug: Radical Clubsport 1100
Wohnort: Darmstadt (bzw. in der Nähe von...)

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von till550 »

PS: Vanos und Co stellen die Einlassnocke im mittleren Drehzahlbereich auf früh, hohe Drehzahlen spät. Wegen Drehmoment und Leistung. Im Leerlauf wieder spät, wegen Abgas und Verbrauch-
Benutzeravatar
Jürgen N.
Beiträge: 1541
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 23:50
Käfer: 79er 1303 Cabrio Oettinger
Käfer: 53er Käfer Cabrio
Transporter: 71er T2a Fensterbus
Wohnort: 71706
Kontaktdaten:

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von Jürgen N. »

till550 hat geschrieben: So 14. Aug 2022, 17:46

@red1600: In der Literatur (z.B. H.Hütten schnelle Motoren) aber auch in meiner eigenen Praxis am Motorprüfstand zeigt sich, dass eine frühere Nockeneinstellung (also weniger Auslasshub, geht schon zu und mehr Einlasshub, ist weiter offen) den Drehmomentverlauf zu niedrigen Drehzahlen verschiebt. Hütten schreibt, dass das daran liegt, dass der Einlassschluss der entscheidende Punkt ist.
Das ist korrekt.
Gleiche Welle mit weniger Spreizung verschiebt das Drehmoment in Richtung niedrigere Drehzahl.
Bei einzelnen Klappen pro Zylinder lässt sich das noch problemlos einstellen.
Speziell beim Einvergaser aber das Problem, dass weniger Spreizung die Ventilüberschneidung erhöht, was wieder beim Abstimmen bzw. Leerlauf mehr Schwierigkeiten bringt bzw. bringen kann.
Torben Alstrup
Beiträge: 757
Registriert: So 24. Mär 2013, 19:20
Fahrzeug: VW Fox 1,4 Sport Limited edition. Koni FRD
Fahrzeug: Lindner Beach buggy

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von Torben Alstrup »

Jaa, also, mit die Alfa DOHC und auch Porsche usw. hast du der möglichkeit um die nockenwellen indivduel einzustellen. Da kannst man ohne probleme zb. der Einlass 5 Grad nach vorne setzen und dann der Auslass an "0" setzen. Mit ein SOHC oder Stoss stangen motor schubt du auch der überlass gleichweise nach vorne. Mit der A112 hast du nun (vermute ich) etwas wie 98-100 Grad Einlass lobe center und 120ish Grad Auslass lobe center. Das bedeutet das die Auslass Ventile Schiessen 4-6 Grad VOR TDC und deine mittler überschneidung ist in der Gebiet von 18-20 Grad VOR TDC. Nicht gut.
Als Faustregel gibts das du ein SOHC type NW ca. 5 Grad schieben kann ohne grosse probleme, so das der Motor am besten leisten nach deine wünschen. Mehr als das und du sollst ein andere NW finden. Mit ein begrennzter Einlass seite wie in die A112 Köpfe War der richtige lösung ein Split Nockenwelle, oder eben ein scatter Welle wie man in 6 & 7 port Morris Mascot Motoren, Flat head V8 und andere motoren mit siamese Einlass oder Auslass vewrwenden.
Benutzeravatar
till550
Beiträge: 127
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 13:22
Käfer: im Moment keinen
Käfer: 550 Spyder Replika
Fahrzeug: Autobianchi A112 Abarth
Fahrzeug: Audi A4 Cabrio 1.8T
Fahrzeug: Radical Clubsport 1100
Wohnort: Darmstadt (bzw. in der Nähe von...)

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von till550 »

....so, hier mal die Auflösung. Ist mir zwar fast ein bißchen peinlich, aber es soll ja einen Lerneffekt geben.

Habe die Steuerzeiten auf Serie gestellt, Problem unverändert (5 Stunden später). Nur der bullige Durchzug von unten raus ist weg, dafür ist er drehfreudiger.

Beim Aufbau des Motors hatte ich mir die Informationen zusammengesucht, unter anderem aus einer Tabelle, wo die 900er mit 45PS und der Abarth 58HP genannt wurden. Tabelle stammte also noch aus einem Modelljahr vor der Einführung des 70HP.

Ventilspiel bei allen gleich, 0,15 und 0,20

Und das habe ich eingestellt.

Neben dem unrunden Leerlauf fiel mir auf, dass er heiss auch schlecht anspringt, unabhängig von Vergaser- und Zündeinstellung. Und das kannte ich vom 356. Ich hatte an einem 356 probehalber das Ventilspiel zu eng eingestellt um zu sehen, ob er leiser läuft. Tut er, springt dann aber heiss schlecht an....

Also am Bianchi Ventildeckel runter und jede Einstellschraube mal pauschal ne Achtelumdrehung (0,12) aufgemacht.

Und siehe da: Leerlauf stabil, alles gut. Dann recherchiert: der 70 HP kriegt 0,25 und 0,30 und - wie man sieht - braucht das auch. Er hat Alustösselstangen, der 900er und 58HP wahrscheinlich Stahl (ich habe es nicht geprüft).....

Zunächst überwog der Ärger über so einen blöden Fehler :angry-cussingblack: . Jetzt bin ich froh, dass er schön läuft. Die Nocke lasse ich jetzt so stehen :-)))) :music-rockout:
Benutzeravatar
B. Scheuert
Beiträge: 8655
Registriert: Do 5. Dez 2013, 19:00
Käfer: 1303
Wohnort: anne Ruhr zu Hause

Re: Schlechter Leerlauf - Steuerzeiten bei relativ scharfer Nocke und zentralem Vergaser

Beitrag von B. Scheuert »

:up:
Wobei vergrössertes Spiel auch etwas von den Steuerzeiten weg nimmt.
Gruß Bernd


Gesunder Menschenverstand ist wie Deo. Die, die es am nötigsten haben, benutzen es nicht!
Antworten